Wissen um was es geht: Rechtsextremismus stellt eine umfassende Bedrohung dar.
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Kirche gegen Rechtsextremismus
Wissen
Rechtsextremismus stellt eine umfassende Bedrohung dar: Einzelne Menschen werden psychisch und physisch attackiert, im Extremfall getötet. Über die Einzelnen hinaus wird die Gesellschaft insgesamt bedroht, das friedliche Zusammenleben von Menschen verschiedener Ethnien, Religionen, Hautfarbe, Sexualität und Weltanschauungen zerstört. Der Staat als freiheitliche Demokratie, als auf dem Grundgesetz fußender Rechtstaat inklusive den in ihm verbrieften Menschenrechten, wird abgelehnt und bekämpft. Diese allumfassende, radikale und gewaltbereite Gegnerschaft zu allem, was unser Gemeinwesen heute ausmacht, ist ein Spezifikum des Rechtsextremismus.
Der Rechtsextremismus hat kein ideologisch einheitliches Gefüge. Charakteristisch sind jedoch seine ultra-nationalistischen, rassistischen und antisemitischen Ideologieelemente und Zielsetzungen. Menschen wird entlang ihrer (angenommenen) Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Nation, Religion oder „Rasse“ ein jeweils unterschiedlicher Wert zugeschrieben. Ein rechtsextremer Staat ist autoritär, in
ihm können Parteien und Wahlen, Grundgesetz und Menschenrechte, individuelle Freiheiten und unterschiedliche Meinungen nicht gelten. Extrem rechte Ideologien stehen den Grundsätzen der pluralistischen Demokratie fundamental entgegen.
Was ist Populismus? Auch wenn Populismus ebenfalls eine literarische Richtung des 20. Jahrhunderts ist „…, die bestrebt ist, das Leben des einfachen Volkes in natürlichem realistischem Stil ohne idealisierende Verzerrungen für das einfache Volk zu schildern“ (Quelle: Duden) bleibt es ein häufig genutzter Begriff.
„In der politischen Auseinandersetzung taucht er als Stigmawort auf, um andere Politiker oder Parteien zu diffamieren. In der Wissenschaft wird er z.B. benutzt, um bestimmte Programme, Positionen und Kommunikationsweisen zu beschreiben.“ Eineindeutig ist Populismus jedenfalls nicht.
(https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtspopulismus/192118/was-versteht-man-unter-populismus)
(Rechts-) Populismus
Der Politwissenschaftler Jan-Werner Müller stellt zwei zentrale Elemente fest: 1. Die Kritik an den Eliten („Die da oben“) und 2. den Anspruch – der Populisten – für „das Volk“ zu sprechen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft „Kirche und Rechtsextremismus“ definiert Rechtspopulismus wie folgt: „Unter Rechtspopulismus wird eine politische Strategie verstanden, die autoritäre Vorstellungen vertritt und verbreitete rassistische Vorurteile ausnutzt und verstärkt.“
„Umgangssprachlich meint der Begriff „Rechtspopulismus“ häufig eine gemäßigte oder modernisierte Form von Rechtsextremismus. In der Tat gibt es Schnittmengen zwischen beiden Phänomenen, aber Rechtspopulismus ist eher eine politische Strategie als eine geschlossene Ideologie.“
Er zeichnet sich oft aus durch
- inszenierte Tabubrüche,
- das Einfordern radikaler Lösungen und
- den Hang zu Verschwörungstheorien.
https://bagkr.de/wp-content/uploads/2018/07/BAGKR_Rechtspopulismus_web.pdf
Rechtsextremismus dient als Sammelbezeichnung, um neonazistische oder ultra-nationalistische politische Ideologien und Aktivitäten zu beschreiben. Ideologischer Kern des Rechtsextremismus ist die Vorstellung von der Ungleichheit, der Ungleichwertigkeit von Menschen.
Der Rechtsextremismus orientiert sich an der ethnischen Zugehörigkeit, stellt die rechtliche Gleichheit von Menschen in Frage und ist geprägt von einem antipluralistischen, antidemokratischen und autoritären Gesellschaftsverständnis. Politischen Ausdruck findet dies in Bemühungen, den Nationalstaat zu einer autoritär geführten „Volksgemeinschaft“ in einem rassistischen Sinn umzugestalten.
„Der Begriff Antisemitismus bezeichnet heute alle historischen Erscheinungsformen der Judenfeindschaft, obwohl er erst 1879 geprägt wurde, um eine neue Form einer sich wissenschaftlich verstehenden und rassistisch begründeten Ablehnung von Juden zu begründen. In dieser Wortneuschöpfung drückt sich eine veränderte Auffassung von den Juden aus, die nun nicht mehr primär über ihre Religion definiert werden, sondern als Volk, Nation oder Rasse. Die Wortbildung Antisemitismus basiert auf sprachwissenschaftlichen und völkerkundlichen Unterscheidungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts, in denen mit dem Begriff des Semitismus versucht wurde, den 'Geist' der semitischen Völker im Unterschied zu dem der Indogermanen zu erfassen und abzuwerten. Aus den indoeuropäischen und semitischen Sprachfamilien schloss man auf die Existenz entsprechender Rassen, also der Semiten und der Indogermanen oder Arier zurück, wobei sich dabei eine Begriffsverengung auf die Juden einerseits, auf die Germanen andererseits beobachten lässt. Insofern geht der heute oft zu hörende Einwand, es könne per definitionem keinen arabisch-islamischen Antisemitismus geben, da die Araber selber Semiten sein, an der Sache vorbei, da mit Antisemitismus ausschließlich judenfeindliche Einstellungen und Handlungen gemeint sind.“ (Quelle: http://www.bpb.de/politik/extremismus/antisemitismus/37945/antisemitismus)
Der im Auftrag des Bundestages von einem unabhängigen, international besetzten Expertengremium erstellte Bericht wurde am 23. Januar 2012 in Berlin vorgestellt. Im Bericht wird deutlich, dass latent antisemitische Haltungen, Einstellungen und Denkmuster in der Bundesrepublik Deutschland in erheblichem Umfang existieren. Diese Muster reichen bis in die Mitte der Gesellschaft. Die Autoren und Autorinnen beschreiben, dass es einen latenten Antisemitismus bei etwa 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland gibt; sie stützen sich auf die Ergebnisse verschiedener wissenschaftlicher Untersuchungen. Weil dieser relativ weit verbreitete Antisemitismus nicht hinreichend geächtet werde, ergebe sich eine gefährliche Anschlussfähigkeit zu rechtsextremem Gedankengut, so die Expertinnen und Experten. Mit seiner nternationalen Besetzung, der Entgegennahme durch den Bundestag und der Veröffentlichung als Bundestags-Drucksache hat der Antisemitismus-Bericht Legitimität jenseits von parteipolitischen Disputen erlangt.
Das von Wilhelm Heitmeyer etablierte Forschungsprogramm zur empirischen Langzeituntersuchung (2002-2011) von menschenfeindlichen Einstellungen in Deutschland umfasst zehn Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Homophobie, Abwertung von Obdachlosen, Abwertung von Behinderten, Islamfeindlichkeit, klassischer Sexismus, Etablierten Vorrechte und Abwertung von Langzeitarbeitslosen. Als Sammelbegriff für alle diese Dimensionen hat die Bielefelder Forschungsgruppe den Begriff „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF)“ eingeführt. Damit werden feindselige Einstellungen zu Menschen unterschiedlicher Herkunft sowie mit verschiedenen Lebensstilen mit Hilfe eines Begriffs von großer Spannweite erfasst und systematisiert. Als gemeinsamer Kern der dem Begriff zugeordneten Phänomene gilt die Ideologie der Ungleichwertigkeit.
Entscheidend neben der Vieldimensionalität des Phänomens ist, dass es um Zuschreibungen und Abwertungen gegen bestimmte (angenommene) Gruppen geht. Bei der GMF stehen nicht primär manifeste und lauthals vorgetragene Vorurteile im Fokus, sondern vielmehr das vorgelagerte Denken und Fühlen. Die umfangreiche Datenbasis ermöglicht es, Verbindungen zwischen den verschiedenen Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit sichtbar zu machen, weshalb auch von einem „Syndrom“ gesprochen wird.
Projekt zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit der Universität Bielefeld als PDF
„Alle Menschen haben Vorurteile, sie sind in der Struktur des Denkens und Lernens angelegt. Wer kennt nicht die landläufigen Auffassungen über "die Blondinen", "den Islam" oder "die Ausländer". Vorurteile können jedoch zu Pauschalurteilen führen und Feindbilder festigen. Um Vorurteile zu entkräften ist ein Bündel von Maßnahmen erforderlich und zahlreiche Akteure wie Eltern und Familien, Schule und Jugendbildung gefragt. Sinnvoll sind Bestrebungen, die eine Stärkung der Persönlichkeit und des Selbstbewusstsein zum Ziel haben. Das neubearbeitete Heft erklärt aus soziologischer und psychologischer Sicht, was Vorurteile eigentlich sind. Es analysiert gängige Vorurteile und zeigt Gegenmaßnahmen auf.“ Bundeszentrale für politische Bildung (https://www.bpb.de/izpb/9677/vorurteile, Stand 14.01.2018).
Vom Vorurteil zum Rassismus
Wenn Vorurteile verhaltenswirksam werden, kann man von Diskriminierung sprechen. Wenn diese in Abhängigkeit von Herkunft, Geschlecht, Religion, etc. „ausgeführt“ wird, spricht man von Rassismus.
Struktur des Rechtsextremismus: Das Eisbergmodell
Nur ein kleiner Teil des Rechtsextremismus befindet sich „oberhalb der Wasseroberfläche“ und ist sofort erkennbar: diejenigen, die heute als Neonazis bezeichnet werden und von denen es laut aktuellem Verfassungsschutzbericht etwa 2.200 Personen in Bayern und 24.000 Personen in der gesamten Bundesrepublik Deutschland gibt. Dies sind Menschen, für die das Eintreten für die nationalsozialistische Ideologie eine Berufung darstellt und zum kompletten Lebensinhalt wird – in den frühen neunziger Jahren gab es darüber einen Dokumentarfilm mit dem treffenden Titel „Beruf Neonazi“.
Unterhalb der Wasseroberfläche, in der „mittleren Ebene des Eisbergs“, befindet sich die komplette Infrastruktur des Rechtsextremismus: Parteien mit ihren Leitungsstrukturen, Mandatsträgern und Wählern, Internetseiten, Sozialen Medien, Verlagen, Zeitungen, Autoren, entsprechenden Versandhäusern, einer gesamten Musikindustrie usw. Hierzu gehört auch der intellektuelle Teil, die sogenannte Neue Rechte mit ihrer teilweise guten Vernetzung in Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und Universitäten, dort unter anderem auch einigen Burschenschaften.
In der dritten Ebene befindet sich quasi die „Basis des Eisbergs“ in Form von Einstellungen und Haltungen vieler Menschen: Zuschreibungen, Vorurteile, Feindseligkeiten, Ausgrenzungsmechanismen. Hier sind in erster Linie drei Studien zu erwähnen, die dazu gesicherte Erkenntnisse liefern: der Antisemitismus-Bericht des Deutschen Bundestages, die „Mitte-Studien“ der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Universität Leipzig sowie Studien über Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung, Universität Bielefeld: Deutsche Zustände). Für die Kirche bieten diese wissenschaftlichen Studien wichtige Erklärungsmuster zu den Voraussetzungen von Rechtsextremismus. Entscheidend ist dabei, dass die Ursachen und die Entstehungsbedingungen von Ressentiments nachvollzogen werden.
Durch das Eisbergmodell wird deutlich, dass Rechtsextremismus kein Phänomen ist, das sich auf einige Wenige beschränken lässt. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) ist davon überzeugt, dass hinsichtlich der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus Personen oder auch Institutionen erst dann Teil der Lösung werden können, wenn sie akzeptieren, dass sie Teil des Problems sind.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Von zentraler Bedeutung ist die Betonung der menschlichen Würde in Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Und weiter: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner ‚Rasse’, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ (Art. 3, Abs. 3). Über das Grundgesetz hinaus garantiert seit 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) den rechtlichen Schutz vor Diskriminierung. Im Sinne der „wehrhaften Demokratie“ wird in Deutschland der Verstoß gegen grundlegende Normen des demokratischen Rechtsstaates bestraft.
Bayerisches Versammlungsgesetz
Das Bayerische Versammlungsgesetz ermöglicht, Konfrontationen mit Rassisten, Antisemiten und Rechtsextreme zu vermeiden: Für den direkten Umgang mit Rechtsextremen inklusive rassistischer und antisemitischer Äußerungen, bei Veranstaltungen und Versammlungen ist das Bayerische Versammlungsgesetz (BayVersG) relevant. Dieses erlaubt den Organisatoren von öffentlichen Veranstaltungen in geschlossenen Räumen bereits in der Einladung, Personen oder Personenkreisen, die rassistisch, antisemitisch oder rechtsextrem aktiv sind, die Teilnahme zu verwehren (Einlassvorbehalt; Art. 10, Abs. 1 BayVersG). Auch finden sich im Bayerischen Versammlungsgesetz klare Regeln zum Hausrecht, die es ermöglichen, Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die die Ordnung erheblich stören (etwa bei Zwischenrufen oder bei Gewalttätigkeit), von einer Veranstaltung auszuschließen (Art. 11 BayVersG). Sollten die Störenfriede auf den verbal formulierten Ausschluss von der Veranstaltung nicht reagieren und weiterhin im Saal verbleiben, machen sie sich wegen Hausfriedensbruchs nach § 123 StGB strafbar. Für ihre Entfernung ist dann die Polizei zuständig. Das Hausrecht kann jedoch nicht genutzt werden, nicht aktiv in Erscheinung tretende Rechtsextreme, Rassisten und Antisemiten auszuschließen.
Folgende Formulierungen könnten für Veranstaltungseinladungen gewählt werden: „Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, zur rechtsextremen Szene gehören oder sich bereits in der Vergangenheit rassistisch, antisemitisch oder anderweitig menschenverachtend äußerten, sind von der Veranstaltung ausgeschlossen.“
oder
„Einlassvorbehalt: Die Veranstalter/-innen behalten sich gemäß Art. 10 BayVersG vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die neonazistischen Organisationen angehören, der extrem rechten Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch antisemitische, rassistische oder nationalistische Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder sie von dieser auszuschließen.“
(Bayerischer Jugendring)
Parteiverbote
Obwohl politischen Parteien ein hoher Stellenwert innerhalb der bundesdeutschen Demokratie und ihrem Schutz besondere Bedeutung zukommt, können sie (gemäß Art. 21, Abs. 2 des GG) verboten werden, wenn sie darauf abzielen, das Grundgesetz zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder wenn sie den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Auf Antrag eines Verfassungsorgans (Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung) kann ein Verbotsantrag gestellt werden. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet dann darüber, ob die Partei für verfassungswidrig erklärt wird. Es gab bisher zwei Parteiverbote: Im Jahr 1952 wurde die extrem rechte „Sozialistische Reichspartei“ (SRP) verboten, im Jahr 1956 die „Kommunistische Partei Deutschlands“ (KPD). Ein erstes Verbotsverfahren gegen die NPD scheiterte vor dem Bundesverfassungsgericht im Jahr 2003 aus formalen Gründen (das Gericht lehnte es ab, über die Verfassungswidrigkeit der Partei zu entscheiden, weil festgestellt wurde, dass die Partei von Verfassungsschutzbehörden durchdrungen war). Ein zweites Verbotsverfahren wurde im Dezember 2013 vom Bundesrat beantragt, das Hauptverfahren wurde im Dezember 2015 vom Bundesverfassungsgericht eröffnet (bis März 2016 lag noch kein Ergebnis vor).
Hg. Von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.
Ja zu gelebter Menschenfreundlichkeit Gottes. Nein zum Rechtsextremismus. Haltungen, Erfahrungen und Perspektiven der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.
Mit diesem Handlungskonzept liegt erstmals eine klare Grundpositionierung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) im Umgang mit Rechtsextremis sowie eine Gesamtübersicht über das Engagement der ELKB gegen Rechtsextremismus vor.
Bestellinformation:
Zu beziehen im Landeskirchenamt der ELKB, Abteilung Diakonie und gesellschaftsbezogene Dienste, Kirchenrätin Bettina Naumann, Katharina-von-Bora-Str. 7-13, 80333 München. E-Mail: gegenrechetsxtremismus@elkb.de
Verbot von Organisationen, verfassungsfeindliche Publikationen und Aktivitäten
Die Hürden für ein Verbot von Organisationen jenseits von politischen Parteien sind deutlich niedriger (vgl. GG und §3, 1 VereinsG). Bei Vereinigungen, die in mehreren Bundesländern vertreten sind, ist das Bundesministerium des Inneren zuständig. Es hat beispielsweise die „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP) verboten, die nie als Partei, sondern als Vereinigung eingestuft wurde. Ist eine entsprechende Vereinigung nur in einem Bundesland vertreten, entscheidet der jeweilige Landesinnenminister. Das Bayerische Innenministerium hat beispielsweise den „Nationalen Block“ (NB) oder jüngst das „Freie Netz Süd“ (FNS) verboten.
Auch verfassungsfeindliche Publikationen können verboten werden (BVerSchG §§ 3, 4), ebenso politische Aktivitäten, die als „Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates“ im Strafgesetzbuch aufgeführt sind. Schutzzweck ist hierbei die Bewahrung des demokratischen Rechtsstaats und des politischen Friedens. § 85 des Strafgesetzbuchs (StGB) stellt die Fortführung verbotener Organisationen unter Strafe. Mit § 86 StGB können Personen, die Propagandamittel verfassungswidriger Organisationen verbreiten, bestraft werden. Damit soll verhindert werden, dass unter dem Deckmantel der Berichterstattung Werbung für verbotene Organisationen betrieben wird. Ebenso ist nach § 86a StGB das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar, auch von solchen, die ihnen „zum Verwechseln ähnlich sind“. § 111 stellt die öffentliche Aufforderung zu Straftaten unter Strafe, §129a die Gründung einer terroristischen Vereinigung.
Verbot der Verherrlichung nationalsozialistischer Gewalt
Ein großer Anteil der erfassten extrem rechten Delikte fallen unter § 130: Verbreitung volksverhetzender Schriften, Billigung, Verharmlosung und Leugnung des Holocausts, öffentliche Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der NS-Gewaltherrschaft (bei Störung des öffentlichen Friedens und Verletzung der Würde der Opfer). Im Jahr 2005 wurde der Strafrechtsparagraph §130 um das Verbot der Verherrlichung nationalsozialistischer Gewalt erweitert und 2009 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Möglich wurde diese Ergänzung durch das Engagement von Bundespolitik, Bürgern und Bürgerinnen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und auch der Kirche. Fortan können deshalb Neonazi-Aufmärsche in Wunsiedel und an weiteren rechtsextremen Pilgerorten verboten werden. Darüber hinaus kann der Paragraph 131 des Strafgesetzbuches zur Ahndung von „Gewaltverherrlichung“ genutzt werden.
13.08.2018
ELKB